Hugo Balls Lautgedicht „Totenklage“ als Rezitationsperformance in Pirmasens

Zum Abschluss des Jubiläums „100 Jahre Dada“ und der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung des Hugo-Ball-Kabinetts findet am Samstag, 19. November 2016, im Pirmasenser Forum Alte Post eine Rezitationsperformance mit Hugo Balls Lautgedicht „Totenklage“ statt.

Das Kölner Ensemble KörperSchafftKlang um den Philosophen, Rundfunksprecher und Autor Ralf Peters geht der Frage nach, was von Dada, der vielleicht wichtigsten künstlerischen Bewegung des 20. Jahrhunderts, übrig ist. Neun Mitwirkende bieten eine Stimm- und Textperformance, die zeigen soll, wie heute im Geiste Dadas agiert werden kann. Formendes Prinzip des Ensembles KörperSchafftKlang in der Auseinandersetzung mit Dada und der „Totenklage“ ist unter anderem der Sprechgesang in seinen verschiedenen Versionen, wie er in diversen religiösen Traditionen praktiziert wurde und wird.

Hugo Ball hat sich für seine Rezitationen und Lautgedichte bekanntlich explizit auf das katholische Psalmodieren berufen. In der Performance wird das Lautgedicht im Glasanbau des Forum Alte Post in vielfältigen Variationen – und an verschiedenen Orten im Treppenhaus – gesprochen, gesungen, rezitiert, deklamiert und getönt. Dabei entsteht eine bewegliche Klangskulptur, in der die „Totenklage“ eine ganz eigenartige Wirkung entfaltet.

Zum Hintergrund führt das Ensemble KörperSchafftKlang aus: „Balls „Totenklage“ stellt in seiner Verweigerung aller üblichen Sinne- und Wertezusammenhänge noch immer eine der radikalsten künstlerischen Reaktionen auf weltpolitischen Wahnwitz dar – ein Wahnsinn, der sich auch nicht scheute, sich auf Vernunft, Gott oder andere hehre Werte zu berufen. Darin ist die „Totenklage“ heute so aktuell wie zur Zeit der Entstehung im Ersten Weltkrieg. So sehr noch immer Kriege, Unterdrückung, Raubbau an der Natur mit vermeintlich großen und übergeordneten Werten gerechtfertigt werden, so sehr sind die modernen Gesellschaften selbst heute durch und durch Dada. Den Sinnzusammenhang, gegen den Dada rebellierte, gibt es nicht mehr. Dada heute kann nicht mehr sensationell, verrückt und bunt sein. Heute muss sich Dada dem verweigern, was es selbst mit hervorgebracht hat. Deshalb sucht das Ensemble KörperSchafftKlang den Geist des Dada in Reduktion und Repetition.“

Ort: Forum Alte Post, Poststraße 2, 66954 Pirmasens

Beginn der Veranstaltung: 19 Uhr. Einlass ab 18 Uhr. Dauer: Etwa 90 Minuten

Der Eintritt ist frei und jederzeit möglich. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Im Rahmen der Veranstaltung ist die aktuelle Sonderschau „Seepferdchen und Flugfische“ geöffnet.

Pirmasenser Hugo-Ball-Kabinett wird am 20. November eröffnet

Am Sonntag, 20. November 2016, wird das Pirmasenser Hugo-Ball-Kabinett offiziell eröffnet. Mit einer interaktiven Dauerausstellung zu Leben und Wirken des Lautgedicht-Pioniers würdigt Pirmasens seinen berühmten Stadtsohn. An der Matinee im Elisabeth-Hoffmann-Saal des Forums Alte Post nimmt auch der rheinland-pfälzische Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Professor Dr. Konrad Wolf, teil.

Auf knapp 180 Quadratmetern im Nordflügel des Forums Alte Post erhalten Besucher einen Überblick zum Leben und Wirken des 1886 in Pirmasens geborenen Schriftstellers Hugo Ball sowie Wissenswertes zu Dada gestern und heute.

Das Kabinett gliedert sich in drei Abteilungen und greift die natürliche Dramaturgie des Ortes auf. Der erste Raum widmet sich der Biografie Hugo Balls bis 1916 und spricht dabei auch die Beziehung des Künstlers zu seiner Heimatstadt an. Das Cabaret Voltaire steht Pate für die zweite Abteilung. Auf polygonalen Wänden – zum Teil mit Großgrafiken versehen und durch Projektionen ergänzt – können Besucher in die Dada-Welt eintauchen. Zentrales Element stellt die Nachbildung von Hugo Ball im kubistischen Kostüm dar. Darin gekleidet trat Ball am 23. Juni 1916 im Cabaret Voltaire in Zürich als „magischer Bischof“ auf und trug erstmals sein Lautgedicht „Karawane“ vor. Daneben wird gezeigt, welche Auswirkungen die Dada-Bewegung auf nachfolgende Künstlergenerationen hatte.

Das Kuppelzimmer, der dritte Raum, thematisiert Balls Entwicklung nach Dada bis zu seinem Tod 1927. An exponierter Stelle wird hier unter anderem die Totenmaske des Künstlers präsentiert. Darüber hinaus wird seine Ehefrau, die Schriftstellerin Emmy Hennings, angemessen gewürdigt.

Die veranschlagten Kosten für die Realisierung des Hugo-Ball-Kabinetts belaufen sich auf rund 188.000 Euro. Die Finanzierung erfolgt über Mittel der Stadt Pirmasens und eine zweckgebundene Spende der Lieselott-und-Klaus-Rheinberger-Stiftung.

 

Dada-Tagung in Düsseldorf

Am 7. und 8. Oktober 2016 findet unter dem Titel „DA DADA DA WAR … 100 DADA / SATIE 150“ ein internationales und interdisziplinäres Expertengespräch in Düsseldorf statt. In Kooperation zwischen dem Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf, der Hugo-Ball-Gesellschaft e.V. und der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf werden insgesamt elf Referenten anlässlich des Jubiläumsjahres das Phänomen Dada damals und heute würdigen.

 

Programm:

Freitag, 7. Oktober 2016, 14.00 Uhr: Heinrich-Heine-Institut
Empfang der Referenten und der Gäste
Begrüßung: Frau Dr. Brenner-Wilczek, Direktorin des Heinrich-Heine-Instituts

Sektion I: DA DADA damals war, ist DADA heute (Sektionsleitung: Dr. Karin Füllner)

14.30 – 15.15 Uhr
Dr. Oliver Vogel (FU Berlin): Erik Satie und die militante Humorkultur von Montmartre

15.15 – 16.00 Uhr
Dr. Martin Mittelmeier (Köln): Kautschuk – Der Stoff, aus dem die Dadaisten sind

16.00 – 16.30 Uhr
Kaffeepause

Sektion II: Milieus (Sektionsleitung: PD Dr. Yvonne Wasserloos)

16.30 – 17.15 Uhr:
Dr. Thilo Bock (Berlin): Künstlertheater, Künstlerkneipe & Kandinsky. Hugo Balls Weg vom »Vertreter der jüngsten Literatur beim Theater« zum Direktor des Cabaret Voltaire

17.15 – 18.00 Uhr
Prof. Dr. Peter Dayan (University of Edinburgh): Why the Music of Satie is the only genuine Music of Paris DADA

 

Abendveranstaltung, 19.30 Uhr: DADAIST WO DADA IST
Haus der Universität, Schadowplatz 14
Mit:
Menno Koller (Bariton) und Sebastian Rasel (Klavier) mit Liedern von Erik Satie, Paul Hindemith, John Cage u.a.
Oswald Egger (Raketenstation Hombroich) liest aus „Gnomen und Amben“
Martin Mittelmeier liest aus „Dada. Eine Jahrhundertgeschichte“
Hommage an die fliegenden Seepferdchen: Enno Stahl (LAUT!Dichtung), Lenah Flaig
(Tanzimprovisation)

 

Samstag, 8. Oktober 2016, 10.15 Uhr: Heinrich-Heine-Institut

Sektion III: (Auf) DADAs Spuren (Sektionsleitung: Dr. Enno Stahl)

10.15 – 11.00 Uhr
Dr. Karin Füllner (Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf): Performanz und Phantastik. Der Dada-Trommler Richard Huelsenbeck

11.00 – 11.15 Uhr
Kaffeepause

11.15 – 12.00 Uhr
Prof. Dr. Ursula Kocher (Bergische Universität Wuppertal): „Nichts kann weg. Kurt Schwitters, der Müllsammler“

12.00 – 12.45 Uhr
PD Dr. Tobias Widmair (Zentrum für populäre Musik und Kultur Freiburg): „Sonata erotica“ für Solo-Muttertrompete oder hunderthändiges Etagenklavier mit Paternoster – Der Dadakomponist Erwin Schulhoff

12.45 – 14.15 Uhr
Mittagspause

14.15 – 15.00 Uhr
Astrid von Asten (Arp Museum Bahnhof Rolandseck): „Der Dadaismus hat die schönen Künste überfallen“. Arp und Dada – eine Win-Win-Situation

15.00 – 15.45 Uhr
Dr. Eckhard Faul (Hugo-Ball-Gesellschaft, Pirmasens): Der  Dada-Papa. Zum aktuellen Bild Hugo Balls anlässlich des Dada-Jubiläumsjahres

15.45 – 16.00 Uhr
Kaffeepause

Sektion IV: Reflexionen (Sektionsleitung: Dr. Eckhard Faul)

16.00 – 16.45 Uhr
Prof. Dr. Walter Fähnders (Universität Osnabrück): „Die ganze Welt ist eine Manifestation“. Avantgarde-Manifeste und Manifestantismus heute

16.45 – 17.30 Uhr
PD Dr. Yvonne Wasserloos (Robert Schumann Hochschule Düsseldorf): Rezeptionsmuster: John Cage und Kraftwerk

 

Tagungsleitung und -organisation: Dr. Karin Füllner, Dr. Enno Stahl, PD Dr. Yvonne Wasserloos
Tagungsort: Heinrich-Heine-Institut, Bilker Straße 12-14, 40213 Düsseldorf
Eintritt frei